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Material zu den Fragen des Philomaten



FrageZu den Fragen ›Töten 3 und 6‹
ErläuterungWer hat wann welches Recht (oder welche Pflicht) auf Eingriff?

Im September 2008 ist im Klinikum Gießen ein Frau verblutet, weil sie aus religiösen Gründen eine Bluttransfusion ablehnte. (s.u.)
Strukturell betrachtet geht es in dieser Situation wie auch in Töten 3 und Töten 6 um die Positionierung im Feld »Autonomie – Zwang«. Wer auf der Seite der Autonomie besteht, verteidigt in der Regel das Recht des Individuums auf Selbstbestimmung in allen überhaupt nur möglichen Bereichen. Wer auf der Seite des Zwangs steht, versucht, mit »allen möglichen Argumenten« das Eingriffsrechts oder die Eingriffspflicht Dritter zu rechtfertigen. Zu »allen möglichen Argumenten« zählen vor allem religiöse und ethische. Die religiösen sollen hier nicht weiter betrachtet werden, nur die ethischen. Dabei ist ein Argument dann ein ethisches Argument, wenn es sich darauf beruft, das die Autonomie des einen der Schaden für einen anderen oder einen Dritten ist. Autonomie ist eben auch die Autonomie des Andersdenkenden. (BSP: Dürfen Eltern über ihre Kinder so bestimmen, dass diese im Bedarfsfalle eben keine Blutkonserven erhalten. Oder: Hat irgendein Toter überhaupt das Recht, seine gesunden Organe aus fragwürdigen weltanschaulichen Gründen mit in den Sarg zu nehmen, wenn es doch zeitgleich viele Menschen gibt, deren Leid durch die gesunden Organe gemildert werden könnte?)
Es ist klar, dass sich viele Menschen irgendwo zwischen Autonomie und Zwang einordnen. Die Frage ist nur: Wo? Und mit welchem Grund?
Den Autoren scheint es lohnenswert, im Unterricht eine Fallbeispielskala erarbeiten zu lassen, die von absoluter Autonomie bis hin zu absolutem staatlichen Zwang reichen. Aufgabe sollte es sein, möglichst viele (durchaus unterschiedliche) Beispiele anzugeben, diese hinsichtlich des Schadens für Dritte zu klassifizieren, um sie dann in eine Ordnung bringen zu können. Anhand einer solchen Autonomieskala kann jeder seine eigene Position finden und auch begründen. (Soweit den Autoren bekannt, gibt es keine solchen Autonomie-Skalen in der gängigen Literatur.)

Für manche Begründung in diesem Zusammenhang (zum Beispiel zur Frage: Wie absurd darf eine Weltanschauung sein?) mehr als brauchbar, sondern toll, aber für die Schule vermutlich zu anspruchsvoll: Frances Myrna Kamm: Morality, Mortality: Volume I: Death and Whom to Save from It. Oxford UP, 1998, die ersten hundert Seiten.
Links
»Zum Fall der verbluteten Zeugin Jehovas aus dem September 2008
»Zur Haltung der Zeugen Jehovas und ihrer Begründung
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Aktualisiert: 27/11/2008

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